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Diplomprüfung im Fach Entscheidungslehre/BWL C 1. Klausur WS 2003/2004
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1
Diplomprüfung im Fach Entscheidungslehre/BWL C
1. Klausur
WS 2003/2004
Studiengang: Betriebswirtschaftslehre/Wirtschaftsingenieurwesen
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minu-
tenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur
Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben.
Aufgabe 1
(4 + 7 = 11 Minuten)
a) Skizzieren Sie die Wertfunktion der Prospect Theory und beschriften Sie Ihre Skizze.
b) Sie haben zwei Aktienpositionen zu je 2.000 Euro gekauft. Nach einem Jahr ist Ihre Gesamt-
position 4.200 Euro wert. Eine Position hat einen Wert von 1.500 Euro, die andere einen Wert
von 2.700 Euro. Tragen Sie die beiden Einzelpositionen und die Gesamtposition in die Skizze
ein. Wie beeinflusst das Mental Accounting die Bewertung des Aktienengagements?

Page 2
2
200
700
- 500
v(x)
x
Relative Gewinne
Relative
Verluste
v(-500)
v(200)
v(700)
Mental accounts beziehen sich auf eine Entscheidung. Durch den Kauf von zwei Aktien
haben sie zwei Mental accounts. Die erste Aktienposition hat einen Verlust von –500 Euro
zum Einstandskurs. Ihr relativer Verlust wird mit v(-500) bewertet. Die zweite Aktienposition
hat einen relativen Gewinn von + 700 Euro. Dieser wird mit v(700) bewertet. Da in der Regel
-v(-500) > v(700) (wegen Knick der Wertefunktion im Bezugspunkt), empfinden Sie die Ent-
wicklung der beiden Positionen als negativ („Der Verlust der 500 Euro ärgert sie mehr als
die Freude über 700 Euro Gewinn“).
Würden Sie die beiden Aktienpositionen in ein Mental Account integrieren, dann würden Sie
der Gesamtentwicklung ihres Portfolios einen positiven Wert (v(200)) beimessen. Mental
accounting (= Tendenz zur Segregation der Entscheidungen) führt zu einer negativeren
Wahrnehmung der Entwicklung, als sie es in Wirklichkeit ist (bei einer Tendenz zur Aggrega-
tion der Entscheidungen).
Aufgabe 2
(11 + 3 = 14 Minuten)
Ein Unternehmen steht vor der Entscheidung, eines von zwei Investitionsobjekten durchzufüh-
ren. Die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Cash-flows der Investitionsobjekte sehen wie folgt
aus:
Bezugspunkt

Page 3
3
Wahrscheinlichkeit
15%
25%
30%
30%
Investition A
100
170
200
250
Wahrscheinlichkeit
20%
20%
35%
25%
Investition B
100
170
190
250
a) Berechnen Sie das Risikoprofil der beiden Projekte und stellen Sie es grafisch dar.
b) Für welches Investitionsobjekt wird sich das Unternehmen entscheiden?
a) Risikoprofil
Wahrscheinlichkeit, dass Cash-flow über dem Intervall liegt
Intervall
Investition A
Investition B
x < 100
100% = P(x ≥ 100)
100%
100 ≤ x < 170
85%
80%
170 ≤ x < 190
60%
60%
190 ≤ x < 200
60%
25%
200 ≤ x < 250
30%
25%
250 ≤ x
0%
0%
b) Wenn eine monotone Nutzenfunktion unterstellt wird, dominiert Investition A die Investition B
(1. Grades).
Aufgabe 3
(12 + 8 = 20 Minuten)
Gerhard möchte sich ein neues Auto kaufen. Relevante Ziele sind der Anschaffungspreis und
der Kraftstoffverbrauch. Gerhard plant, zwischen 10.000 € und 20.000 € für den neuen Wagen
auszugeben. Der Kraftstoffverbrauch soll zwischen 5 l (pro 100 km) und 15 l (pro 100 km) lie-
gen. Ein Auto, welches 12.000 € kostet und 12 l verbraucht, wäre für ihn genauso gut wie ein
100%
50%
0%
100
170 180 190 200
250
Investition A
Investition B
Fläche 1 + 2

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4
Auto mit 8 l Verbrauch und einem Preis von 18.000 €. Die Nutzenfunktion u
1
für den Preis ist
linear, die Nutzenfunktion für den Verbrauch ist durch die Beziehung u
2
(x) = 1 – [ (x-5) / 10]
2
(x
gibt den Verbrauch in l pro 100 km an) gegeben.
a) Berechnen Sie die Zielgewichte der additiven Nutzenfunktion.
b) Gerhard hat sich einen weiteren Trade-off überlegt. Für ein 5.000 € günstigeres Auto würde
er einen höheren Kraftstoffverbrauch von 5 l in Kauf nehmen. Unter welchen Bedingungen ist
dieser Trade-off mit dem in Aufgabenteil a) bestimmten additiven Modell vereinbar?
a)
Ziele
Bandbreite
Nutzenfunktion
Anschaffungspreis
10.000 € bis 20.000 €
u
1
(x): linear
Kraftstoffverbrauch
5 l bis 15 l (pro 100 km)
u
2
(x) = 1 – [ (x-5) / 10]
2
Trade-off: (12.000 €, 12 l ) (18.000 €, 8 l)
Bestimmung der Gewichte:
w
1
· u
1
(a
1
) + w
2
· u
2
(a
2
) = w
1
· u
1
(b
1
) + w
2
· u
2
(b
2
)
w
1
· u
1
(12.000 €) + w
2
· u
2
(12 l) = w
1
· u
1
(18.000 €) + w
2
· u
2
(8 l)
w
1
· 0,8 + w
2
· (1 – [ (12-5) / 10]
2
) = w
1
· 0,2 + w
2
· (1 – [ (8-5) / 10]
2
)
w
1
· 0,8 + w
2
· 0,51 = w
1
· 0,2 + w
2
· 0,91
w
1
· 0,6 = w
2
· 0,4
w
1
= w
2
· 2/3
Normierung: w
1
+ w
2
= 1
w
1
= 0,4 und w
2
= 0,6
b)
zusätzlicher Trade-off: (a
1
+ 5.000 €, a
2
) (a
1
, a
2
+ 5 l)
w
1
· u
1
(a
1
+ 5.000 €) + w
2
· u
2
(a
2
) = w
1
· u
1
(a
1
) + w
2
· u
2
(a
2
+ 5 l)
w
2
· u
2
(a
2
) - w
2
· u
2
(a
2
+ 5 l) = w
1
· u
1
(a
1
) - w
1
· u
1
(a
1
+ 5.000 €)
w
2
· u
2
(a
2
) - w
2
· u
2
(a
2
+ 5 l) = w
1
· 0,5
w
2
· (1 – [ (a
2
-5) / 10]
2
) - w
2
· (1 – [ (a
2
+5-5) / 10]
2
) = w
1
· 0,5
w
2
· [- a
2
2
+ 10 · a
2
- 25 + a
2
2
] / 100 = w
1
· 0,5
w
2
· [ 10 · a
2
- 25] / 50 = w
1
nach Aufgabenteil a) folgt:

Page 5
5
[ 10 · a
2
- 25] / 50 = 2/3
a
2
= 5,833 l
Der Trade-off zwischen einem 5.000 € günstigerem Auto und einem Auto mit 5 l mehr Kraft-
stoffverbrauch kann sich nur auf einen Kraftstoffverbrauch von 5,833 l bzw. 10,833 l beziehen.
Deswegen gilt die Einschränkung im Trade-off: (a
1
+ 5.000 €, 5,833 l) (a
1
, 10,833 l).
Aufgabe 4
(10 Minuten)
Erläutern Sie das Allais-Paradoxon anhand der Wahrscheinlichkeitsgewichtefunktion.
Das Allais Paradoxon sagt aus, dass die meisten Menschen Alternative a der Alternativen b
vorziehen und die Alternative d der Alternativen a.
3000
3000
Alternative a
Alternative c
Alternative b
Alternative d
4000
4000
0
0
0
0,95
0,2
0,96
0,05
0,8
0,04
p ( )p
0%
50%
50%
100%
100%
100%
0%
5%
4%
80%
80%
p
In obiger Abbildung ist zu erkennen, dass gemäß dem Certainty Effekt ein großer Unterschied
zwischen dem Gewicht besteht, dass der Wahrscheinlichkeit 80% im Vergleich zur Sicherheit

Page 6
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gegeben wird. Hieraus ergibt sich eine tendenzielle Präferenz für a im Vergleich zu b. Zugleich
hat der flache Verlauf der Wahrscheinlichkeitsgewichtefunktion bei den angezeigten kleinen
Wahrscheinlichkeiten 4% und 5% die Konsequenz, dass Entscheider im Vergleich der Alternati-
ven c und d hauptsächlich aufgrund der Differenz in den zu gewinnenden Geldbeträgen ent-
scheiden und die Wahrscheinlichkeit wenig berücksichtigen.
Aufgabe 5
(5 Minuten)
In dem Vortrag von Herrn Dr. Maaßen (ATKearney) über die Rationalität der Entscheidungspro-
zesse in der Treuhandgesellschaft war von „Pfadabhängigkeiten“ die Rede. Was wird darunter
verstanden und was können die Gründe sein?
Pfadabhängigkeit ist eine Einschränkung der Entscheidungsalternativen durch in der Vergan-
genheit gesetzte Rahmenbedingungen. Pfadabhängigkeiten können psychologisch begründet
sein (sunk cost, Verankerung, Inside View, ...) aber eben auch Restriktionen von Stakeholder in
diesem Entscheidungskontext.
Viel Erfolg!