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Diplomprüfung im Fach Finanzierung junger Unternehmen 2. Klausur 18.10.2002
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Diplomprüfung im Fach
Finanzierung junger Unternehmen
2. Klausur
18.10.2002
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minutenkon-
tingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur Taschen-
rechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben.
Aufgabe 1
(8 Minuten)
Erläutern Sie die Zusammenhänge, die zu dem Rekordverlust von AOL Time Warner im 1. Quartal
2002 geführt haben!
Aufgabe 2
(4 + 4 + 7 = 15 Minuten)
a) Definieren Sie die Begriffe Außenfinanzierung und Innenfinanzierung und nennen Sie jeweils
zwei Beispiele.
b) Was wird unter Innenfinanzierung mittels Abschreibungen verstanden? Erläutern Sie die Zu-
sammenhänge.
c) Selbstfinanzierung scheint eine sehr wünschenswerte Finanzierungsvariante zu sein. Nennen
Sie Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsform.
Aufgabe 3
(6 + 5 + 9 = 20 Minuten)
a) Erläutern Sie den Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital. Gehen Sie dabei auf die
Rechte, Risiken und Kosten der Kapitalarten ein.
b) Skizzieren Sie graphisch Eigen- und Fremdkapital als bedingte Ansprüche auf den Unter-
nehmenswert. Erläutern Sie Ihre Ausführungen.
c) Betrachten Sie die folgende Abbildung. Begründen Sie, inwiefern die dort dargestellte Situa-
tion ein Problem der Unternehmensfinanzierung in Deutschland darstellt.
Entwicklung der Eigenkapitalquote westdeutscher Unternehmen

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Aufgabe 4
(10 Minuten)
Was ist Mezzanine und wie ist diese Finanzierungsform prinzipiell aufgebaut?
Aufgabe 5
(12 Minuten)
Nennen Sie die Entwicklungsphasen eines jungen Unternehmens. Welche Risiken sind in den
einzelnen Phasen besonders dominant?
Aufgabe 6
(6 + 4 = 10 Minuten)
Ein Unternehmen hat Forderungen in Höhe von 10 Mio.€. Diese machen 10% der Aktivposten der
Bilanz aus. Zur Zeit hat das Unternehmen auch eine Eigenkapitalquote von 10%.
Ein Factor bietet dem Unternehmen an, die Forderung zu übernehmen. Dafür würde er dem Un-
ternehmen sofort liquide Mittel in Höhe von 95% der Forderungshöhe bezahlen.
a) Welche Auswirkung hätte dies auf die Eigenkapitalquote des Unternehmens, wenn das
Unternehmen die zufließenden Mittel zur Schuldentilgung nutzt?
b) Könnte der Forderungsverkauf Auswirkungen auf die künftige Fremdkapitalaufnahme des
Unternehmens haben? Nehmen Sie dazu kurz Stellung.
Aufgabe 7
(10 + 5 = 15 Minuten)
a) Erläutern Sie das Geschäftsmodell eines Venture-Capital Fonds.
b) Worin unterscheiden sich Business Angel von Strategischen Partnern?
Bitte geben Sie das Aufgabenblatt mit der Klausur ab.
Viel Erfolg!

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Musterlösung zur Klausur „Finanzierung junger Unternehmen“
Hinweis: Die Musterlösung gibt einen möglichen Lösungsweg der Klausur an. Es handelt sich
dabei nicht um eine ausschließliche Lösung der Aufgabenstellung.
Aufgabe 1
Im Januar 2000 kündigten AOL und Time Warner ihre Fusion an. Zu dem Zeitpunkt betrug der
Marktwert der beiden Unternehmen zusammen 164+83=247 Mrd. US-$. Die Buchwerte des Ge-
samtvermögens lagen bei 61 Mrd. US-$. Nach dem Merger lag der Buchwert des Gesamtvermö-
gens bei 208 Mrd. US-$. Der Anteil des Goodwills alleine betrug 127 Mrd. US-$, was zu der hohen
Eigenkapitalquote des Unternehmens beitrug.. Der Goodwill ist definiert als die Differenz zwischen
Kaufpreis und erworbenem Reinvermögen (Buchwert).
Gemäß den Änderungen in den Financial Accounting Standards FAS 141 & 142 muss der bilan-
zierte Goodwill nicht mehr regelmäßig abgeschrieben werden, sondern die „Werthaltigkeit“ des
Goodwills muss nach Indikatoren überprüft werden (impairement-only Betrachtung). Hierfür wird
meist der Marktwert der reporting units herangezogen. Dies dient prinzipiell dem Schutz der Anle-
ger: wenn der goodwill entfällt, soll er auch nicht mehr bilanziert werden (was eine regelmäßige
Abschreibung impliziert).
Im Rahmen der fallenden Notierungen an den Aktienmärkten sank auch die Marktkapitalisierung
von AOL Time Warner. Dieser Kursverfall machte gemäß den obigen Regeln die entsprechende
Abschreibungen notwendig, die zu dem Rekordverlust von 54,2 Mrd. US-$ (BIP Neuseelands)
geführt haben.
Aufgabe 2
a)
Unter Außenfinanzierung werden alle Tätigkeiten verstanden, bei denen das Unternehmen Kapital
von Kapitalgebern außerhalb des Unternehmens aufnimmt. Außenfinanzierung setzt sich zusam-
men aus neuer Nettokreditaufnahme und Neuemission von Aktien (abzüglich zurückgekaufter
eigener Aktien). Als Beispiele können hier genannt werden:
Zuführung von Eigenkapital: Beteiligungsfinanzierung
direkt vom Kapitalgeber: Einlage, etc.
via Kapitalmarkt: Aktienemission
Zuführung von Fremdkapital
direkt vom Kapitalgeber: Bankdarlehen, etc.
via Kapitalmarkt: Emission von Unternehmensanleihen
Unter Innenfinanzierung wird diejenige Mittelherkunft verstanden, die „innerhalb“ eines Unterneh-
men stattfinden, die also keine Mittelzufuhr von außen benötigt. Innenfinanzierung ist definiert als
Nettogewinne zuzüglich Abschreibung weniger Dividendenzahlungen. Als Beispiele können hier
genannt werden:
Selbstfinanzierung
Finanzierung aus Abschreibungsrückflüssen
Finanzierung aus Rückstellungen
Vermögensumschichtungen
b)

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Durch Finanzierung aus Abschreibungsrückflüssen werden keine finanziellen Mittel direkt gene-
riert. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen indirekten Effekt: Durch die Durchführung von
Abschreibungen wird der Gewinn gemindert. Dadurch kommt es zu verminderten Steuerzahlun-
gen und niedrigeren Dividenden. Diese tatsächlichen Zahlungen fallen also geringer aus, wodurch
in der relativen Sichtweise Mittel zur Finanzierung des Unternehmens frei werden.
c)
Vorteile:
Selbstfinanzierung ist ein Instrument, das ein Unternehmen selbständig einsetzen kann
(eine börsennotierte AG kann bspw. nur bei positivem Marktumfeld neue Aktien platzieren)
Beteiligungsverhältnisse des Unternehmens werden nicht tangiert (obwohl das Eigenkapi-
tal des Unternehmens erhöht wird)
Die Selbstfinanzierung ist liquiditätsschonend, da weder periodische Zinszahlungen, noch
Dividendenzahlungen verbunden sind.
Nachteile:
Wie in der Übung angesprochen, muss bei der Einbehaltung von finanziellen Mitteln darauf geach-
tet werden, ob das Unternehmen diese Mittel überhaupt rentabel nutzen kann. Ansonsten sollten
Gewinne im Sinne des Shareholder-Value-Ansatzes an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
Durch den Einsatz des Instruments der Selbstfinanzierung werden die ausgeschütteten Dividen-
den an die Aktionäre jedoch vermindert, wenn die Mittel nicht die von den Aktionären geforderte
Rendite erwirtschaften. Dieser Aspekt kann schnell übersehen werden, wenn ein Unternehmen
das Instrument der Selbstfinanzierung bevorzugt einsetzt. Außerdem wird hieraus deutlich, dass
die einbehaltenen Mittel implizit zum teureren EK-Satz aufgenommen werden.
Aufgabe 3
a)
Eigenkapitalgeber stellen ihr Kapital zunächst unbefristet in Form von Beteiligungskapital zur Ver-
fügung. Fremdkapitalgeber (Gläubiger) stellen ihr Kreditkapital zeitlich begrenzt zur Verfügung.
Fremdkapitalgeber erhalten das Recht auf Verzinsung und Tilgung der bereitgestellten Mittel,
während den Eigenkapitalgebern der restliche Cash-Flow zufließt. Weiterhin haben EK-Geber
umfangreiche Informations- und Entscheidungsrechte, während FK-Geber kaum stimmberechtigt
sind.
FK-Geber tragen nur das Ausfallrisiko ihrer Forderungen, während EK-Geber das volle unterneh-
merische Risiko im Anteil ihrer Einlage mittragen.
Prinzipiell ist Fremdkapital günstiger als Eigenkapital, da EK-Geber eine durch die Risiken beding-
te höhere Risikoprämie verlangen.

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b)
F
F
Auszahlung an Gläubiger
Unternehmenswert
F
F
Auszahlung an Aktionäre
Unternehmenswert
F
Unternehmenswert
F
Auszahlung an Gläubiger
Auszahlung an Aktionäre
F ist die zugesicherte Auszahlung an die Gläubiger. Wenn der Unternehmenswert größer als F ist,
dann werden die Fremdkapitaltitel in voller Höhe bedient (selbstverständlich sollte ein Unterneh-
men sich im Idealfall nicht auflösen müssen, um die Forderungen begleichen zu können).
Wenn der Unternehmenswert X > F, dann beläuft sich der Anspruch der Anteilseigner auf X - F.
Gilt hingegen X ≤ F, dann verbleibt für die Anteilseigner nach Bedienung der Fremdkapitalgeber
nichts.
c)
Die in der Abbildung dargestellte Situation ist ein Problem der Unternehmensfinanzierung in
Deutschland, da die sinkende Eigenkapitalquote eine Erhöhung des Risikos in der Unternehmens-
finanzierung widerspiegelt. Das Eigenkapital stellt, bildlich gesprochen, einen Puffer für das Un-
ternehmen dar, wenn ein Misserfolg eintritt. Bei schlechten Unternehmensergebnissen kann durch
Eigenkapital der evtl. Verlust aufgefangen werden. Fehlt dieser Puffer, führt ein Misserfolg schnel-
ler in die Insolvenz des Unternehmens. Je geringer dieser Eigenkapitalpuffer ausfällt, desto anfäl-
liger sind Unternehmen also in schlechten Konjunkturzeiten. Das Finanzierungsrisiko des Unter-
nehmens steigt folglich. Vor allem im Vergleich zu anderen Staaten (Eurozone: 35%, USA 45%,
Japan 22%) fällt die „Eigenkapitallücke“ in Deutschland besonders hoch aus.
In Anbetracht der Entwicklung zum Thema „Basel II“ führt eine niedrige EK-Quote auch zur Ver-
teuerung möglicher FK-Aufnahme, da risikoreichere Unternehmen ein niedrigeres Rating erhalten
werden.
Aufgabe 4
Mezzanine ist eine hybride Finanzierungsform, die zwischen den beiden „idealtypischen“ Formen
des Eigen-, bzw. Fremdkapitals steht. Sie verbindet also Elemente von EK und FK.
Ausgangspunkt sind in der Regel sog. „junior dept“, also bei Insolvenz nachrangig bedientes
Fremdkapital. Aufgrund dieser Nachrangigkeit wird es bilanziell jedoch wie EK behandelt. Auf-
grund der Nachrangigkeit (und den damit verbundenen Risiken) verlangen die Gläubiger jedoch
auch eine erhöhte Verzinsung des Kapitals. Flexibel ist hierbei jedoch die Ausgestaltung der Zins-
zahlungen, so sind jährliche Zinszahlungen, Zinszahlungen erst am Laufzeitende oder „pay-if-you-

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can“, also Zinszahlungen gekoppelt an den Gewinn des Unternehmens denkbar.
Dieses junior dept wird meist mit einem „equity kicker“ kombiniert, der den EK-Charakter betont.
Damit ist ein Wandlungsrecht zum Laufzeitende in Aktien des Unternehmens gemeint. Dieser
equity-kicker ist bei Mezzanine-Konstruktionen auch für den Großteil der realisierten Rendite ver-
antwortlich.
Aufgabe 5
Die Aufgabe soll hier in Form einer Tabelle gelöst werden:
Phase
Risiko
Seed
Konzept tragfähig? Markt vorhanden? Markteintrittsbar-
rieren? Etablierte Wettbewerber?
Start-Up
Produktionsplanung realistisch? Erste Verkäufe?
Expansion (first stage) Umsätze nach Plan? Arbeitet das Unternehmen profita-
bel?
Expansion
(second
stage)
Können Erwartungen aus Businessplan erfüllt werden?
Ist Marktpotential ausreichend hoch?
Later stage
größtenteils gleiches Risiko wie Branche / Gesamtmarkt
Aufgabe 6
a)
Bilanz vor Forderungsverkauf:
A
P
Forderungen: 10
EK: 10
Restliche Aktiva: 90
FK: 90
100
100
Bilanz nach Forderungsverkauf:
A
P
Forderungen: 0
EK: 90-80,5=9,5
Restliche Aktiva: 90
FK: 90-9,5=80,5
90
90
Die Eigenkapitalquote erhöht sich also von (10/100=)10% auf (9,5/90=)10,5%.
b)
Durch den Forderungsverkauf erhöht sich die Eigenkapitalquote des Unternehmens. Im Rahmen
der Überlegungen zu Basel II spielt die Eigenkapitalquote durchaus eine Rolle bei der Kreditver-
gabe von Banken. Eine höhere EK-Quote wird dabei als ein niedrigeres Unternehmensrisiko inter-
pretiert. Es kann also durchaus sein, dass das Unternehmen nach Factoring eher einen Kredit
erhält also ohne Factoring.
unt
er
nehm
ensspezif
isches
Risiko nim
m
t
ab

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Aufgabe 7
a)
(Die obige Abbildung war nicht gefordert!)
Venture Capitalists (VC’s) erhalten ihr Geld in der Regel von einer Vielzahl an Investoren. Diese
Mittel investieren VC’s in junge Unternehmen. Dabei diversifizieren VC’s ihre angelegten Mittel,
indem sie mehreren Start-Ups Geld zur Verfügung stellen, glauben aber gleichzeitig daran durch
Kenntnisse und Expertisen besonders aussichtsreiche Unternehmen auswählen zu können. Für
die Bereitstellung von finanziellen Mitteln erhalten VC’s Anteile am Unternehmen, die sie hoffen
innerhalb von 3-7 Jahren wieder gewinnbringend zu veräußern.
Venture Capital-Geber stellen Risikokapital zur Verfügung. Daher wissen auch die Anleger in VC-
Fonds, dass die Rendite ihrer angelegten Mittel stark risikobehaftet ist. Meist investieren institutio-
nelle Anleger wie Versicherungen, Großbanken, Pensionsfonds, etc. in Venture-Capital-
Gesellschaften, um die Renditechancen ihres Portfolios zu erhöhen. Sie sind also bereit ein hohes
Risiko einzugehen und vom Unternehmen zu übernehmen.
b)
Business Angels bieten dem jungen Unternehmen neben der Kapitalbereitstellung aber häufig
noch weitere Vorteile. So sind Business Angels meist gestandene Unternehmer, die selber bereits
Erfahrung im Bereich Neugründung gesammelt haben. Hierdurch kann das junge Unternehmen
wertvolle Hinweise und Informationen zur Unternehmensstrategie, aber auch Nutzen aus den
Netzwerkvorteile des Angels erhalten.
Strategische Partner unterscheiden sich von Business Angels dadurch, dass sie dem Unterneh-
men länger und intensiver zur Seite stehen und dabei auch strategische Ziele verfolgen. So haben
die meisten Corporate Venture Capital–Geber, also Venture Capital von Unternehmen das Ziel,
das Wissen und die Produktideen des Unternehmens ihrem eigenen Unternehmen zuzuführen, es
also im Erfolgsfall zu kaufen.
VC-Fonds-Manager (General partner)
beobachtet Markt (screening)
verhandelt Engagements
wickelt deals ab
berät und unterstützt die
Unternehmen (monitoring)
verkauft (exit)
Investoren (limited partners)
Pensionsfonds
Lebensversicherungen
Stiftungen
Kapitalanlagegesellschaften
Einzelinvestoren
Unternehmen
Wertschöpfung
VC-Fondsvermögen
Arbeit + 1%
des Kapitals
99% des
Kapitals
2-3% management fee pro Jahr
20-30% des Gewinns beim exit
70-80% des Gewinns beim exit
Geld und Unterstützung
finanzielle Ansprüche (Beteiligung)