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Diplomprüfung im Fach Entscheidungslehre 2. Klausur WS 2003/2004
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Diplomprüfung im Fach Entscheidungslehre
2. Klausur
WS 2003/2004
Studiengang: Betriebswirtschaftslehre
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minu-
tenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur
Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben. Nicht
nur die Lösung, sondern der gesamte Lösungsweg wird bewertet.
Aufgabe 1
(15 Minuten)
Sie sind ein risikofreudiger Anleger und können in eines der folgenden zwei Wertpapiere inves-
tieren. Die erwarteten Gewinne der beiden Wertpapiere hängen von der Konjunkturentwicklung
(Rezession, Stagnation, Boom) ab. Über die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Szenarien sind
Sie sich unschlüssig. Sie schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession zwischen 30%
und 40% liegt, die Wahrscheinlichkeit einer Stagnation zwischen 20% und 50% und die Wahr-
scheinlichkeit für einen Boom zwischen 10% und 40%. Die folgende Tabelle beschreibt die
Gewinne in den Konjunkturszenarien:
Wertpapier
A
B
Rezession
-5 Euro
5 Euro
Stagnation
5 Euro
0 Euro
Boom
15 Euro
10 Euro
Für welches Wertpapier entscheiden Sie sich, wenn Ihre Risikofreude durch eine normierte
exponentielle Nutzenfunktion beschrieben werden kann? Nehmen Sie an, dass die Bandbreite
[-5 Euro,15 Euro] beträgt auf das Intervall [0, 1] normiert ist. Dabei sind Sie nicht sicher, ob der
Parameter entweder c = -2 oder c = -3 beträgt.
1

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Hinweis: normierte exponentielle Nutzenfunktion:
1
( )
1
x x
c
x
x
c
e
u x
e
+
=
Aufgabe 2
(5 + 5 + 5 = 15 Minuten)
Hubert möchte einen Kühlschrank kaufen. Als relevante Ziele definiert er die Größe (in l) und
den Energieverbrauch (Effizienzklasse A – E). Folgende Tabelle gibt Ihnen die notwendigen
Informationen zur Nutzenfunktion:
Ziel
Bandbreite
Nutzenfunktion
Größe
[100 l, 300 l]
Linear, steigt mit Größe
Energieverbrauch
[A, E]
U(A) = 1
U(B) = 0,8
U(C) = 0,5
U(D) = 0,1
U(E) = 0
Hubert gibt als Trade-off an, dass ihm ein Kühlschrank der Effizienzklasse A und der Größe 150
l genauso gern kaufen würde wie ein Kühlschrank der Effizienzklasse B und der Größe 200 l.
a) Wie lauten die Zielgewichte der beiden Ziele einer additiven Nutzenfunktion?
b) Die Bandbreite im Ziel Größe wird auf [100 l, 400 l] vergrößert. Wie ändern sich die Ziel-
gewichte mit der Veränderung der Bandbreite?
c) Erklären Sie den Begriff Bandbreiteneffekt.
Aufgabe 3
(3 + 2 + 5 = 10 Minuten)
a) Erklären Sie den Begriff Repräsentativitätsheuristik.
b) Nennen Sie jeweils ein Beispiel für eine Scheinkorrelation und eine Kausalbeziehung.
c) Welchen Einfluss hat die Repräsentativitätsheuristik auf beide Aspekte „Scheinkorrelati-
on“ und „Kausalbeziehung“?
Aufgabe 4
(8 Minuten)
Was versteht man unter dem Kontrollmotiv? Nennen Sie die verschiedenen Kontrollvarianten!
Aufgabe 5
(3 + 3 + 6 = 12 Minuten)
Für das DFB Pokalendspiel zwischen Aachen und Bremen bietet Ihnen ein Buchmacher kurz
vor dem Spiel folgende Quoten an:
2
Bremen wird Pokalsieger: 1:1,25 (für einen Euro Einsatz erhalten Sie 1,25 Euro zurück)

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Aachen wird Pokalsieger: 1:2,5
Sie wollen 10 Euro auf Aachen setzen. Die Wahrscheinlichkeit eines Aachen-Sieges beträgt
30%.
a) Wie hoch liegt ihre Risikoprämie, wenn das Sicherheitsäquivalent zur Wette null Euro
beträgt?
b) Sie setzen zusätzlich 20 Euro auf einen Bremen-Sieg. Wie hoch liegt die Risikoprämie
für die Kombinationswette (10 Euro auf Aachen-Sieg, 20 Euro auf Bremen-Sieg), wenn
das Sicherheitsäquivalent ebenfalls null Euro ist?
c) Was fällt Ihnen am Ergebnis aus Aufgabenteil a) und b) auf? Überlegen Sie und nennen
Sie mindestens zwei Gründe für das auffällige Ergebnis.
Viel Erfolg!
3

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Aufgabe 1
Nutzenwerte bei exponentieller Nutzenfunktion mit c = -2
Wertpapier
A
B
A-B
Rezession
0
0,27
-0,27
Stagnation
0,27
0,1
0,17
Boom
1
0,54
0,46
Nutzenwerte bei exponentieller Nutzenfunktion mit c = -3
Wertpapier
A
B
A-B
Rezession
0
0,18
-0,18
Stagnation
0,18
0,06
0,12
Boom
1
0,44
0,56
Fall c = -2
A dominiert B
Zielfunktion =
Min [P(Rezession) (-0,27) + P(Stagnation) (0,17) + P(Boom) (0,46)] ≥0 ?
Nebenbedingung
P(Rezession) = [30%, 40% ]
P(Stagnation) = [20%, 50%]
P(Boom) = [10%, 40%]
Beginn mit Wahrscheinlichkeitsuntergrenzen
Zielfunktion = 30% (-0,27) + 20% (0,17) + 10% (0,46)
Erhöhung von P(Rezession) auf 40%
Zielfunktion = 40% (-0,27) + 20% (0,17) + 10% (0,46)
Erhöhung von P(Stagnation) auf 50%
Zielfunktion = 40% (-0,27) + 50% (0,17) + 10% (0,46) = 0,023 > 0
→ Wertpapier A dominiert Wertpapier B
Fall c = -3
A dominiert B
Zielfunktion =
Min [P(Rezession) (-0,18) + P(Stagnation) (0,12) + P(Boom) (0,56)] ≥0 ?
Nebenbedingung
P(Rezession) = [30%, 40% ]
P(Stagnation) = [20%, 50%]
P(Boom) = [10%, 40%]
Beginn mit Wahrscheinlichkeitsuntergrenzen
Zielfunktion = 30% (-0,18) + 20% (0,12) + 10% (0,56)
4

Page 5
Erhöhung von P(Rezession) auf 40%
Zielfunktion = 40% (-0,18) + 20% (0,12) + 10% (0,56)
Erhöhung von P(Stagnation) auf 50%
Zielfunktion = 40% (-0,18) + 50% (0,12) + 10% (0,56) = 0,044 > 0
→ Wertpapier A dominiert Wertpapier B
Für beide Spezifikationen der Risikofreude dominiert Wertpapier A das Wertpapier B. Sie wer-
den sich für Wertpapier A entscheiden.
Aufgabe 2
a) Trade off: (150 l, Effizienzklasse A) entspricht (200 l, Effizienzklasse B)
w
1
U
1
(150 l) + w
2
U
2
(Effizienzklasse A) = w
1
U
1
(200 l) + w
2
U
2
(Effizienzklasse B)
w
1
0,25 + w
2
1 = w
1
0,5 + w
2
0,8
w
1
0,25 = w
2
0,2
Normierung: w
1
+ w
2
= 1
w
1
= 0,2 / 0,45 = 0,44
w
2
= 0,25 / 0,45 = 0,56
b)
w
1
U
1
(150 l) + w
2
U
2
(Effizienzklasse A) = w
1
U
1
(200 l) + w
2
U
2
(Effizienzklasse B)
w
1
1/6 + w
2
1 = w
1
2/6 + w
2
0,8
w
1
1/6 = w
2
0,2
Normierung: w
1
+ w
2
= 1
w
1
= 6 / 11 = 0,45
w
2
= 5 / 11 = 0,55
5
c) Unter Bandbreiteneffekt versteht man, dass bei Veränderung der Bandbreite sich die Zielge-
wichte ändern. Mit einer größeren Bandbreite geht immer ein größeres Zielgewicht einher, mit
einer kleineren Bandbreite ein kleineres Zielgewicht. Bei einer Änderung der Bandbreite ändert
sich nur das Zielgewicht, nicht aber die Wichtigkeit des Ziels. Ergibt sich aus einer Veränderung
der Bandbreiten eine andere relative Bewertung der Alternativen, so liegt ein Bandbreiteneffekt
vor. Dieser ist grundsätzlich unerwünscht. Kann er nicht ausgeschlossen werden, hängt die
Entscheidungsempfehlung des verwendeten Präferenzmodells von der (im Prinzip) willkürli-
chen) Wahl der Bandbreite ab und ist dementsprechend nicht ausreichend fundiert. Zur Verhin-
derung eines Bandbreiteneffekts muss das Zielgewicht angepasst werden. Ob in einer be-
stimmten Situation ein Bandbreiteneffekt ausgeschlossen werden kann oder nicht, hängt vom

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verwendeten Zielgewichtungsverfahren ab. Bei Verwendung des Trade-off-Verfahrens kann
z.B. ein Bandbreiteneffekt ausgeschlossen werden.
Aufgabe 3
a) Vor dem Hintergrund beschränkter kognitiver Ressourcen neigen Menschen häufig dazu,
sehr in ein Schema-Denken zu verfallen. Eine hohe Repräsentativität ist dann gegeben, wenn
eine Beobachtung gut „in ein Schema“ passt. Repräsentativität drückst eine bestimmte Bezie-
hung eines Objektes zu einer Objektklasse aus. Ein Schema ist eine Aussage über eine Ge-
samtheit von Objekten.
b) Beispiel für Scheinkorrelation: Wenn ein Storchenpaar auf einem Haus brütet, bekommen die
Bewohner ebenfalls Kinder.
Beispiel für Kausalbeziehung: Wenn der Ölpreis steigt, nehmen die Benzinkosten zu.
c) Die Repräsentativitätsheuristik fördert die Wahrnehmung von Kausalbeziehungen. Empiri-
sche Zusammenhänge (gemessen durch Korrelationen) begründen jedoch keine kausalen
Zusammenhänge, sie schließen Sie jedoch nicht aus. Durch die Repräsentativitätsheuristik
werden oft Scheinkorrelationen als kausale Zusammenhänge interpretiert.
Aufgabe 4
Menschen haben ein Bedürfnis, sich als Verursacher von Veränderungen ihrer Umwelt wahrzu-
nehmen. Dadurch entsteht ein Bedürfnis nach Kontrolle. Wird dieses Bedürfnis befriedigt, be-
einflusst dies das Selbstwertgefühl eines Menschen positiv. Ein unbefriedigtes Kontrollbedürfnis
hat dagegen negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden eines Menschen.
Fünf Varianten der Kontrolle:
Fähigkeit zur Beeinflussung
Fähigkeit zur Vorhersage
Kenntnis der Einflussvariablen in einer Entscheidungssituation
Möglichkeiten der Schönfärberei
Aufgabe 5
a) RP = EW – SÄ
= 30% 25 Euro – 10 Euro – 0 Euro
= -2,5 Euro
b) RP = EW – SÄ
= 30% 25 Euro + 70% 25 Euro – 10 Euro – 20 Euro – 0 Euro
= -5 Euro
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c) Auffällig ist eine negative Risikoprämie selbst für den Fall einer sicheren Auszahlung wie bei
der Kombiwette in Aufgabenteil b). Dort erhält man auf jeden Fall 25 Euro zurück, egal wie das
Finale ausgeht. Jedoch muss man 30 Euro an Einsatz leisten.
Wenn Menschen risikofreudig sind, dann kann eine negative Risikoprämie möglich sein.
Eine negative Risikoprämie ist jedoch auch möglich bei risikoaversen Menschen. Im allgemei-
nen tendieren Menschen dazu, kleine Wahrscheinlichkeiten zu überschätzen. Dadurch wird
eine negative Risikoprämie möglich. Viele Wetter sind Fußballfans, die dazu tendieren, ihre
Kompetenz im Fußball zu überschätzen. Eine zunehmende Kompetenz führt zu einer geringe-
ren Risikoprämie und im Extremfall sogar zu einer negativen. Durch den Inside view (Fußball-
fans fühlen bei ihrer Mannschaft einen Inside view) tendieren die Wetter dazu, Wahrscheinlich-
keiten verzerrt zu schätzen. So werden beispielsweise Aachen Fans die Siegwahrscheinlichkeit
nicht mit 30%, sondern vielleicht mit 40% schätzen. Ähnlichen gilt für Bremen Fans. Durch
diese Verzerrung nehmen die Einzelwetter die Einzelwetten als attraktiv wahr, obwohl die Ge-
samtwette mit einer sicheren negativen Auszahlung sehr unattraktiv ist. Durch den Inside View
verspüren die Fans ein Kontrollgefühl, mit dem die Risikoprämie abnimmt.