Dies ist die HTML-Version der Datei http://www.abwl.rwth-aachen.de/downloads/klausuren_aktuell/bwl/ILehre_ws9900.pdf.
G o o g l e erzeugt beim Web-Durchgang automatische HTML-Versionen von Dokumenten.
Um einen Link oder ein Bookmark zu dieser Seite herzustellen, benutzen Sie bitte die folgende URL: http://www.google.com/search?hl=de&ie=ISO-8859-1&q=cache%3Ahttp://www.abwl.rwth-aachen.de/downloads/klausuren_aktuell/bwl/ILehre_ws9900.pdf


Google steht zu den Verfassern dieser Seite in keiner Beziehung.

Musterl g Klausur Investitionsrechnung vom 06.04.2000
Page 1
1
Diplomprüfung im Fach Investitionsrechnung
Frühjahr 2000
Studiengang: Betriebswirtschaftslehre
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minu-
tenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur
Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben.
Aufgabe 1
(20 Minuten)
Nennen und erläutern Sie die Annahmen des Standardmodells zur Berücksichtigung von
Steuern.
Aufgabe 2
(20 Minuten)
Ihnen werden zwei Investitionsprojekte angeboten:
Investition 1
t
0
1
2
3
z
t
-200
100
100
100
Investition 2
t
0
1
2
3
z
t
-1000
500
z
2
z
3

Page 2
2
Der Kalkulationszins betrage 10%.
Leider sind die Zahlungen z
2
und z
3
der zweiten Investition nicht bekannt.
Führen Sie eine Sensitivitätsanalyse für die Zahlungen z
2
und z
3
durch, indem Sie ein z
2
-z
3
-
Diagramm zeichnen und den Bereich markieren, in dem Investition 2 lohnender ist als Inves-
tition 1.
Aufgabe 3
(20 Minuten)
Erklären Sie das sogenannte Steuerparadoxon. Gehen Sie in Ihrer Antwort insbesondere auf
absolute und relative Bewertung der Investition ein und lösen Sie das scheinbare Paradoxon
auf.
Aufgabe 4
(15 Minuten)
Erläutern Sie die Vorgehensweise des Kapitalwertratenverfahrens. Stellen Sie dabei die Vor-
aussetzungen für die Anwendbarkeit dar.
Aufgabe 5
(15 Minuten)
Berechnen Sie für das folgende Projekt die optimale Nutzungsdauer, wenn Sie davon ausge-
hen, daß das Projekt nur einmal durchgeführt wird und kein Folgeprojekt geplant ist.
Der relevante Zins betrage 10%.
t
1
2
3
4
5
z
t
-1000
800
200
300
300
L
t
1000
500
500
200
0

Page 3
Musterlösung Klausur Investitionsrechnung vom 06.04.2000
Aufgabe 1:
Es liegt ein einheitlicher proportionaler Gewinnsteuersatz s vor.
In Deutschland gibt es drei relevante Steuerarten: Die Einkommenssteuer, die
Körperschaftssteuer und die Gewerbeertragssteuer.
Die Annahme der Proportionalität ist in der Realität nicht erfüllt, wenn sich der
Investor im progressiven Bereich der Einkommenssteuer befindet. Wenn das
Einkommen des Investors jedoch so hoch ist, daß der Grenzsteuersatz von 53%
deutlich übertroffen wird, so kann von einem einheitlichen proportionalen Steuersatz
ausgegangen werden.
Die Zahlungen z
t
sind identisch mit dem steuerrelevanten Überschuß des Ertrags
über den Aufwand. Einzige Ausnahme sind aktivierungspflichtige Auszahlungen. Sie
werden nicht im Zeitpunkt der Zahlung, sondern in den Zeitpunkten der
Abschreibung erfolgswirksam.
Im allgemeinen sind Zahlungen nicht identisch mit Aufwendungen und Erträgen.
Abschreibungen werden im Standardmodell berücksichtigt, andere Unterschiede wie
z. B. Anzahlungen und Rückstellungen werden jedoch nicht erfaßt, so daß die
Annahme als realitätsfremd anzusehen ist.
Ist in einer Periode der steuerliche Gewinn des Projekts negativ, so wird der Verlust
in der gleichen Periode gegen andere Gewinne des Investors aus anderen Projekten
aufgerechnet. Der Projektverlust bewirkt also eine Steuerersparnis in dieser Periode.
Diese Annahme setzt voraus, daß in jeder Periode genügend Gewinne in anderen
Projekten erwirtschaftet wird, daß Verluste gegengerechnet werden können. Kann
ein Verlust nicht mit anderen Projekten verrechnet werden, so kann die
Steuerersparnis einer anderen Periode zugerechnet werden.
Die Steuerzahlungen erfolgen ohne Verzögerung in den Zeitpunkten, in denen die
Projektzahlungen anfallen.
In der Realität ist diese Annahme verletzt, da Steuervorauszahlungen geleistet
werden müssen und endgültige Zahlungen erst nach Abschluß des Geschäftsjahres
stattfinden.
Zinserträge aus Ergänzungsinvestitionen unterliegen ebenfalls dem Gewinnsteuersatz
s, Zinsaufwendungen aus Ergänzungsfinanzierungen sind vom steuerlichen Gewinn in
voller Höhe absetzbar.
Diese Annahme ist in der Realität nicht unbedingt erfüllt, da es sein kann, daß
Ergänzungsprojekte aus Rückzahlungen oder Aufnahme von Dauerschulden
bestehen, die nur zur Hälfte gewinnmindernd geltend gemacht werden können.
Substanzsteuern werden nicht berücksichtigt.
Diese Annahme stellt eine Vereinfachung der Situation dar, die in der Realität nicht
erfüllt ist. Begründet wird diese Annahme mit dem Argument, daß sich

Page 4
Substanzsteuern in der Regel nicht auf die absolute und relative Vorteilhaftigkeit
auswirken.
Zusätzlich müssen sichere Erwartungen vorliegen, und es muß ein einheitlicher Zins
vorgegeben sein.
Aufgabe 2
Da ein einheitlicher Zinssatz gilt, können zur Bewertung der Projekte sowohl der
Kapitalwert als auch der Endwert der Investitionen herangezogen werden.
Die zweite Investition ist genau dann lohnender als die erste Investition, wenn der
entsprechende Kapital- bzw. Endwert höher ist bei Investition 1.
Die Rechnung ist bei beiden Vorgehensweisen die gleiche.
Investition 1:
C
T
1
=-200⋅1,1
3
+100⋅1,1
2
+100⋅1,1+100;
Investition 2:
C
T
2
=-1000⋅1,1
3
+500⋅1,1
2
+z
2
⋅1,1+z
3
;
C
T
2
> C
T
1
;
⇔-1000⋅1,1
3
+500⋅1,1
2
+z
2
⋅1,1+z
3
>-200⋅1,1
3
+100⋅1,1
2
+100⋅1,1+100;
⇔-800⋅1,1
3
+400⋅1,1
2
-100⋅1,1-100+z
2
⋅1,1+z
3
>0;
⇔ z
3
>-1,1z
2
+790,8;
Graphisch bedeutet das:
Aufgabe 3
Das Steuerparadoxon beschreibt den Effekt, daß ein Projekt, das nicht lohnend ist,
wenn keine Steuern berücksichtigt werden, durch Berücksichtigung von Steuern
plötzlich vorteilhaft sein kann.
Dieser Effekt entsteht im wesentlichen dadurch, daß durch Berücksichtigung von
Steuern der Kalkulationszins gemindert wird.
Projekte, die eine Anfangsauszahlung und später mehrere Einzahlungen beinhalten,
werden mit geringerem Kalkulationszins lukrativer.

Page 5
Jedoch muß man berücksichtigen, daß die Vorteilhaftigkeit der Investition nur relativ
zum Basisfall gesehen werden kann. Absolut gesehen stellt sich der Investor bei
Berücksichtigung von Steuern in beiden Fällen schlechter, im Basisfall und im
Investitionsfall. Jedoch kann die Berücksichtigung von Steuern dazu führen, daß sich
der Investor durch Steuerersparnisse besserstellt, wenn er investiert als wenn er
nicht investiert. Die Gesamtsituation des Investors ist aber bei Berücksichtigung von
Steuern immer schlechter als ohne Steuern.
Aufgabe 4
Das Kapitalwertratenverfahren wird angewendet, um Investitionsprogramment-
scheidungen zu treffen.
Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verfahrens sind:
• Die Investitionen besitzen keine Interdependenzen
• Es gibt nur eine Nebenbedingung, daß in t=0 ein maximales Budget der Höhe B
zur Verfügung steht
• Der Investor kann mit einem einheitlichen Zins kalkulieren
• Der Investor möchte den Kapitalwert maximieren
• Alle Investitionen beginnen mit einer Auszahlung
Die Vorgehensweise des Kapitalwertratenverfahrens ist wie folgt:
Zuerst werden die Kapitalwerte aller Projekte berechnet, wobei negative Kapitalwerte
eliminiert werden.
Für die übrig gebliebenen Projekte werden die sogenannten „Kapitalwertraten“ C
0k
/-
z
0k
berechnet.
Anschließend werden die Projekte nach der Höhe der Kapitalwertraten geordnet und
in dieser Reihenfolge, beginnend mit dem Projekt mit der höchsten Kapitalwertrate,
in das Programm aufgenommen, bis die Budgetgrenze das nächstlohnende Projekt
nicht mehr zuläßt.
Falls jetzt das Budget nicht voll ausgeschöpft ist, muß überprüft werden, ob es
lohnender ist, bereits aufgenommene Projekte wieder aus dem Programm zu
eliminieren und dafür mehrere weniger lohnende Projekte aufzunehmen.
Dazu geeignete Verfahren sind zum Beispiel das Branch-And-Bound-Verfahren oder
geschicktes Ausprobieren. Bei größerer Anzahl von Projekten ist auf jeden Fall
Softwareunterstützung notwendig, um die optimale Kombination zu ermitteln.
Aufgabe 5
Um die optimale Nutzungsdauer zu ermitteln, müssen die Grenzeinnahmen g
t
jeder
Periode ermittelt werden.
Es gilt: g
t
=z
t
-iL
t-1
-L
t-1
+L
t
Die optimale Nutzungsdauer erhält man nach folgendem Verfahren:
Sind alle g
t
0, so ist n die optimale Nutzungsdauer.
Sind alle g
t
≤0, so ist das Projekt nicht lohnend.
Gibt es einen Zeitpunkt t
0
, so daß alle g
t
≥0 für t≤t
0
und alle g
t
≤0 für t>t
0
sind, so ist
t
0
die optimale Laufzeit.
Ist keine der drei Bedingungen erfüllt, wie in dieser Aufgabe, so gibt es mehrere
lokale Optima. Das absolute Optimum ist eines der lokalen Optima. Man erhält es,
indem man entweder die Kapitalwerte für dies lokal optimalen Laufzeiten berechnet
und miteinander vergleicht oder die kumulierten Grenzeinnahmen jeweils bis zum
nächsten lokal optimalen Zeitpunkt aufzinst.

Page 6
Zur Berechnung dient folgende Tabelle:
t
z
t
L
t
L
t-1
i⋅L
t-1
L
t-1
-L
t
g
t
Aufzin-
sung
Summe
1
-1000
1000
-
2
800
500
1000
100
500
200
3
200
500
500
50
0
150
4
300
200
500
50
300
-50
5
300
0
200
20
200
80
-55
25
Man sieht, daß es zwei lokale Optima in Periode 3 und Periode 5 gibt. Aufzinsung der
negativen Grenzeinnahme aus Periode 4 ergibt aber eine positive kumulierte
Grenzeinnahme in Periode 5, so daß die optimale Nutzungsdauer 5 Perioden beträgt.