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Diplomprüfung im Fach BWL IV 27.08.2003
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Diplomprüfung im Fach BWL IV
27.08.2003
Studiengang: Wirtschaftswissenschaftliches Zusatzstudium
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minu-
tenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur
Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben. Erläu-
tern Sie bei Rechnungen immer Ihre Vorgehensweise.
Aufgaben zur Entscheidungslehre
Aufgabe 1
(7 + 4 + 10 = 21 Minuten)
a) Was versteht man unter dem Allais-Paradoxon?
b) Skizzieren Sie die Wahrscheinlichkeitsgewichtefunktion.
c) Erläutern Sie das Allais-Paradoxon mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsgewichtefunkti-
on.
Aufgabe 2
(2 + 10 + 12 = 24 Minuten)
Es soll ein mehrstufiges Entscheidungsproblem gelöst werden. Die hierzu benötigten Wahr-
scheinlichkeiten sind alle bekannt, jedoch kann der Entscheider seine Nutzenfunktion nicht
genau angeben, er ist allerdings sicher, dass er sich risikoscheu verhält.
a) Welches Verfahren wird im Allgemeinen bei mehrstufigen Entscheidungsproblemen
angewendet?
b) Wie kann man bei Entscheidungssituationen vorgehen, in denen die Nutzenfunktion
des Entscheiders nicht vollständig bekannt ist?
c) Wie würden Sie in der vorliegenden Situation vorgehen, um den Entscheider bei der
Auswahl der besten Strategie zu unterstützen?
Aufgaben zur Investitionslehre
Aufgabe 3
(10 + 8 = 18 Minuten)
Ein mittelständischer Unternehmer hat eine neue Geschäftsidee, die er an den Markt brin-
gen möchte. Wenn er das Projekt sofort (t=0) durchführt, dann könnte er den Kapitalwert
von 20.000 € aus dem Projekt entnehmen. Wartet er hingegen mit der Einführung, so sinkt
der Kapitalwert jedes Jahr um 1.000€. Nach Durchführung des neuen Projektes möchte er
sich zu Ruhe setzen.

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Mit seinem bisherigen Geschäftsmodell, welches er nicht gleichzeitig mit dem neuen Projekt
durchführen kann, erzielt er die folgenden Zahlungsüberschüsse z
t
und könnte durch Been-
digung des Projekts die in der folgenden Tabelle angegebenen Liquidationserlöse L
t
bezie-
hen:
t
0
1
2
3
4
z
t
8.500
6.500
4.500
2.500
500
L
t
2.500
2.000
1.750
1.500
1.250
Wann sollte der Unternehmer das alte Projekt beenden und das neue Projekt durchführen?
a) Erläutern Sie verbal das Kalkül, nachdem der Unternehmer entscheiden sollte. Ge-
hen Sie dabei auf die für die Entscheidung relevante Differenzinvestition ein!
b) Berechnen Sie den Zeitpunkt des Abbruchs des alten Projekts und gehen Sie dabei
von einem einheitlichen Kalkulationszins von 10% aus.
Aufgabe 4
(10 Minuten)
Ein mittelloser Bekannter von Ihnen befindet sich in der Entscheidungsphase, ob er ein
Investitionsprojekt durchführen sollte oder nicht. Bei der Planung unter Sicherheit legt er
Ihnen folgende Kapitalwertberechnung vor. Nehmen Sie zu seinem Ergebnis Stellung. Klä-
ren Sie ihn dabei über den Kapitalwert auf und korrigieren Sie –wenn nötig– seine Berech-
nung. Für den Bekannten ist ein Anlagezins von 5% und ein Kreditzins von 15% relevant.
t
0
1
2
3
z
t
-100.000
50.000
-10.000
200.000
Kredit
43.478.26
-50.000
Anlage
-9.070,29
10.000
Kredit
131.503,25
-200.000
65.911,22
0
0
0
Aufgabe 5
(8 Minuten)
Was versteht man unter der Amortisationsdauer? Erläutern Sie anhand eines selbst gewähl-
ten Beispiels die Problematik, die bei der Verwendung dieser Entscheidungsgröße auftreten
kann.
Aufgabe 6
(9 Minuten)
Wie man der öffentlichen Berichterstattung entnehmen kann, wächst die Angst vor einer
Deflation in Deutschland. Stellen Sie die Effekte dar, die eine Deflation unter Berücksichti-
gung von Steuern auf die Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten hätte.
Viel Erfolg!

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Lösung
Aufgaben zur Entscheidungslehre
Aufgabe 1
a) Testpersonen sollten zwischen zwei Alternativen wählen. Bei Alternative a erhielten
sie einen sicheren Betrag von 3000 Euro, bei Alternative b durften sie an einer Lotte-
rie teilnehmen, bei der es mit 80%iger Wahrscheinlichkeit 4000 Euro zu gewinnen
gab und mit 20%iger Wahrscheinlichkeit nichts. Die meisten Testpersonen wählten in
dieser Situation Alternative a. In einer zweiten Situation sollten die Testpersonen
zwischen zwei Lotterien wählen. Bei der einen Lotterie (Alternative c) gab es mit
5%iger Wahrscheinlichkeit 3000 Euro zu gewinnen und mit 5%iger Wahrscheinlich-
keit nichts, als Alternative d wurde eine Lotterie präsentiert, bei man mit 4%iger
Wahrscheinlichkeit 4000 Euro gewinnen konnte und mit 96%iger Wahrscheinlichkeit
nichts gewann. Vor die Entscheidung gestellt, zwischen den Alternativen c und d zu
wählen, wählten die meisten Leute Alternative d.
Das ist aber paradox, weil die Wahl zwischen den Alternativen c und d nichts ande-
res darstellt als die Wahl zwischen den Alternativen a und b, jedoch kommt man nur
mit 5%iger Wahrscheinlichkeit in die Situation, wählen zu dürfen. Es ist nicht einsich-
tig, wieso sich die Präferenzen zwischen a und b ändern sollten, wenn unsicher ist,
ob man in die Wahlsituation kommt.
b)
p ( )p
p
0%
Certainty-Effekt
Überbewertung
von geringen
Wahrscheinlichkeite
n
für Gewinnwahrscheinlichkeiten
für Verlustwahrscheinlichkeiten
50%
50%
100%
100%
0%
c) Anhand der folgenden Zeichnung kann man sehen, dass das Allais-Paradoxon mit
Hilfe der Bewertung von Wahrscheinlichkeiten erklärt werden kann. In der ersten
Wahlsituation können die Wahrscheinlichkeiten 80% und 100% vom Entscheider ge-
nau unterschieden werden, die 80% werden sogar deutlich niedriger bewertet als sie
tatsächlich sind. Es kommt zur Präferenz für Alternative a.
In der zweiten Entscheidungssituation differenziert der Entscheider nicht mehr genau
zwischen den Wahrscheinlichkeiten 4% und 5%, die für ihn fast gleich hoch sind.
Stattdessen konzentriert er sich auf die Beträge, die es zu gewinnen gibt. Hier ist Al-
ternative d mit 4000 Euro deutlich im Vorteil und wird präfereriert.

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p ( )p
0%
50%
50%
100%
100%
100%
0%
5%
4%
80%
80%
p
Aufgabe 2
a) Das Entscheidungsbaumverfahren wird im Allgemeinen zur Lösung von mehrstufigen
Entscheidungen angewendet. Hierbei wird ein Entscheidungsbaum aufgestellt und
mit Hilfe des Rollback-Verfahrens die optimale Lösung abgelesen.
b) Man muss die Alternativen auf Dominanz bei unvollständiger Information untersu-
chen. Allgemein muss hierzu ein Optimierungsprogramm gelöst werden:
Maximiere EU(a)-EU(b) unter den Bedingungen u aus U(I) und p aus P(I)
Minimiere EU(a)-EU(b) unter den Bedingungen u aus U(I) und p aus P(I)
Falls das Maximum negativ ist, dominiert b a, falls das Minimum positiv ist, dominiert
a b.
Man kann die vorhandenen Alternativen auch in einem ersten Schritt auf absolute
Dominanz untersuchen. Wenn eine Alternative in allen Ausprägungen und Zustän-
den immer mindestens genau so gut ist wie die anderen Alternativen, sollte sie auf
jeden Fall gewählt werden unabhängig von der genauen Nutzenfunktion des Ent-
scheiders.
Ansonsten kann man überprüfen, ob das Konzept der stochastischen Dominanz an-
wendbar ist. Hierzu muss zumindest bekannt sein, dass die Nutzenfunktion monoton
ist (stochastische Dominanz 1. Grades) bzw. dass sie monoton und konkav ist (für
stochastische Dominanz 2. Grades). Bei beiden Arten der stochastischen Dominanz
müssen die Risikoprofile (1-P(x)) untersucht werden. Stochastische Dominanz 1.
Grades liegt vor, wenn das Risikoprofil einer Alternative für jeden Wert x immer o-
berhalb des Risikoprofils der anderen Alternativen liegt. Bei stochastischer Dominanz
2. Grades dürfen sich die Risikoprofile zwar schneiden, jedoch muss gewährleistet
sein, dass die Fläche unter dem Risikoprofil der einen Alternative bis zu einer belie-
bigen Ausprägung x immer mindestens genau so groß ist wie die Fläche unter dem
Risikoprofil der anderen Alternativen.
c) Im vorliegenden Fall könnte man einen Entscheidungsbaum aufstellen. Das Roll-
back-Verfahren lässt sich allerdings nicht anwenden, da an den Entscheidungskno-
ten keine Entscheidung getroffen werden kann, welcher Ast der bessere ist. Statt-
dessen sollten alle möglichen Strategien mit ihren Konsequenzen einzeln aufgelistet
werden. Für diese Konsequenzen kann man eine Dominanzüberprüfung durchfüh-
ren, wie es in Aufgabenteil b) beschrieben wurde. Insbesondere kann man die Stra-

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tegien und ihre Konsequenzen auf absolute und stochastische Dominanz überprü-
fen.
Aufgabe 3
a)
Es handelt sich bei dem geschilderten Entscheidungsproblem um den Fall der Bestimmung
der optimalen Laufzeit für ein Projekt mit Folgeprojekt. In der Veranstaltung wurde für solche
Entscheidungsprobleme das Konzept der Differenzinvestition vorgestellt: Die Differenzinves-
tition für den Übergang von t-1 auf t Jahre hat den Endwert:
(
)
(
)
(
) ( )
1
t
t
1
t
1
t
t
1
t
t
1
t
t
t
C
i
C
C
L
i
L
L
z
I
I
C
=
.
Da der Kapitalwert des Folgeprojekt im Zeitablauf abnimmt, so ergibt sich als Entschei-
dungsregel, dass das erste Projekt so lange durchgeführt werden sollte, so lange die
Grenzeinnahme g
t
größer ist als die Summe von Zinsverlust auf den Kapitalwert des Folge-
projekts der Vorperiode und der Veränderung dieses Kapitalwertes. Ist dies nicht der Fall, so
sollte das Projekt abgebrochen werden, es sei denn dieser „Verlust“ wird in den Folgeperio-
den überkompensiert.
b)
z
t
L
t
g
t
Summe(Veränderung C
0
, Zinsverlust)
C
0
Folgeprojekt
0 8500 2500
20000
1 6500 2000 5750
3000
19000
2 4500 1750 4050
2900
18000
3 2500 1500 2075
2800
17000
4
500 1250
100
2700
16000
Das bisherige Geschäftsmodell sollte somit noch 2 Jahre weiterverfolgt und dann durch die
neue Geschäftsidee ersetzt werden.
Aufgabe 4
g
t

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6
Das Ergebnis ist nicht der Kapitalwert der Zahlungsreihe, da dieser als maximaler Entnah-
mebetrag in t=0 definiert ist, ohne in späteren Zeitpunkten nach Zahlungen leisten zu müs-
sen.
Schaut man sich die Berechnung genau an, so erkennt man, dass es sich nicht um den
Kapitalwert handeln kann, da die Ergänzungsprojekte suboptimal eingesetzt wurden: so wird
zwischen t=0 sowohl eine Anlage getätigt, als auch Kredite aufgenommen. Hierdurch ent-
stehen Zinsverluste, so dass das Ergebnis nicht der maximal in t=0 entnehmbare Betrag ist:
es gibt noch einen höheren, wie es die korrekte Berechnung zeigt:
t
0
1
2
3
z
t
-100.000
50.000
-10.000
200.000
Kredit
173.913,04
-200.000
Kredit
142.533,08
-163.913,04
Kredit
167.420,07
-192.533,08
67.420,07
0
0
0
Aufgabe 5
Die Amortisationsdauer ist die Zeitspanne zwischen der ersten Projektauszahlung und dem
Zeitpunkt, in dem die anfänglichen Auszahlungen inkl. Finanzierungskosten durch Einzah-
lungen aus dem Projekt wieder vollständig zurückgeflossen sind, ohne dass der Investor
später noch mal Zuschüsse leisten muss.
Eine kürzere Amortisationsdauer lässt aber nicht zwangsläufig den Rückschluss auf die
relative Vorteilhaftigkeit eines Projekts zu, wie das folgende Beispiel verdeutlicht (dabei wird
von einem Kalkulationszins i=10% ausgegangen):
t
0
1
2
3
4
Endwert
Investition a
-3.000
3.301
1
1
1
4,6
Investition b
-3.000
1.000
1.000
1.000
10.000
9248,7
Man sollte demnach (vor allem unter der Prämisse der Sicherheit) auf dieses Entschei-
dungskalkül verzichten, und stattdessen den C
0
, C
T
oder die Annuität c berechnen.
Aufgabe 6
Eine Deflation ist im Verständnis der Veranstaltung „Investitionslehre“ nichts anderes als
eine negative Inflation. Die Effekte der Inflation wurden ausführlich beschrieben, so dass
hier lediglich diese Effekte entsprechend angepasst werden müssen:
Der erste Effekt unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Steuern ist der, dass die Ab-
schreibungen mit der Zeit an Wert zunehmen. Bei Investitionen mit hohen aktivierungspflich-
tigen Ausgaben wirkt die Deflation also positiv, vor allem, je langsamer die Aktive abge-
schrieben werden.
Der zweite Effekt ergibt sich über den Zins. Verbindlichkeiten nehmen durch Deflation im
Zeitablauf real an Wert zu. Dies führt dazu, dass der Nettorealzins steigt und zu einer
schlechteren Bewertung des Projektes führen wird.
Wie die beiden Effekte genau wirken, kann allerdings nur am Einzelfall geklärt werden.

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