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Diplomprüfung im Fach Finanzierung junger Unternehmen 1. Klausur 21.08.2003
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Diplomprüfung im Fach
Finanzierung junger Unternehmen
1. Klausur
21.08.2003
Studiengang: Wirtschaftswissenschaftliches Zusatzstudium
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene Minu-
tenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es sind nur
Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher haben.
Aufgabe 1
(15 Minuten)
Wieso lassen sich die Grundsätze der neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung als Imple-
mentierung einer Kapitalmarktorientierung verstehen? Analysieren Sie die Auswirkungen der
drei Säulen.
Aufgabe 2
(2 + 8 + 10 = 20 Minuten)
Ihnen liegen die folgenden Daten eines Zerobonds (Nullkuponanleihe) vor:
Kurs am 21.08.2003
75,00 EUR
Laufzeitende
21.08.2008
Zinskupon
0%
Nennwert
100,00 EUR
Rating
A
Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Anleihe liegt bei 1%. Es kann mit einer Recovery Rate von
30% kalkuliert werden. Aus der Zinsstrukturkurve des REX lassen sich heute die folgenden
Zinsen ablesen:
Laufzeit (21.08.)
2004 2005 2006 2007 2008
%
1,9
2,1
2,3
2,6
2,9

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a) Was versteht man unter einer Risikoprämie?
b) Erläutern Sie verbal die prinzipielle Vorgehensweise zur Berechnung der Risikoprä-
mie einer Unternehmensanleihe.
c) Berechnen Sie die Risikoprämie der oben angegebenen Anleihe.
Aufgabe 3
(15 Minuten)
Stellen Sie das Drei-Phasen-Modell am Beispiel des Residual-Income-Models dar.
Aufgabe 4
(10 Minuten)
Erläutern Sie Hintergründe der folgenden Abbildung, die am 31.07.2001 in der Financial
Times Deutschland abgedruckt wurde.
Aufgabe 5
(30 Minuten)
Im Rahmen der Veranstaltung haben Sie kapitalmarktorientierte Handlungsstrategien aus
der unternehmerischen Perspektive kennen gelernt. Stellen Sie die Funktionen der rein
finanzierungstechnischen Strategien vor.
Viel Erfolg!

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Lösung
Hinweis: Die Musterlösung gibt einen möglichen Lösungsweg der Klausur an. Es
handelt sich dabei nicht um eine ausschließliche Lösung der Aufgabenstellung.
1)
Die neuen Basler Eigenkapitalvereinbarungen (Basel II) basieren auf drei Säulen, die alle
eine Kapitalmarktorientierung der betroffenen Banken und Unternehmen erfordern.
In der ersten Säule werden die Mindesteigenkapitalanforderungen an die kreditgebenden
Banken formuliert: die Banken müssen, abhängig von der Bonität des kreditaufnehmenden
Unternehmens, Eigenkapital hinterlegen, welches sich auf die Kreditkonditionen auswirkt.
Unternehmen, die sich über Fremdkapital finanzieren, müssen also entsprechend handeln,
um ihr Rating (extern oder intern) zu verbessern und somit die Kapitalkosten zu senken. Mit
anderen Worten werden die Unternehmen dazu gezwungen den Kapitalmarkt in ihren Stra-
tegien zu berücksichtigen und kapitalmarktorientiert zu handeln.
Die zweite Säule beschreibt die Bankenaufsicht. Die Banken werden dazu verpflichtet mit
den Aufsichtsbehörden im Bereich des Risikomanagements zu kooperieren. Dies ist im
Rahmen aller Kapitalmarktteilnehmer sinnvoll, da Banken sehr wichtige Kapitalmarktakteure
sind, deren Konkurs weit reichende Konsequenzen hätte.
Die dritte Säule wiederum fordert eine hohe Transparenz des Handelns der Banken. Mit
strengen Offenlegungspflichten soll dem Kapitalmarkt die Möglichkeit gegeben werden, die
Strategie und das Risikomanagement der Banken zu verstehen. Dies ist erforderlich, damit
der Kapitalmarkt wiederum hohe Risiken erkennen und mit einer entsprechenden Risiko-
prämie berücksichtigen kann. Die dritte Säule ist also wiederum klar auf die Kapitalmarktori-
entierung ausgelegt, jedoch werden diesmal (wie auch in der zweiten Säule) die Banken in
die Pflicht genommen.
2a)
Als Risikoprämie bezeichnet man die Differenz der Erwartungswerte zwischen einer siche-
ren und einer mit Risiko behafteten Alternative.
2b)
1. Aufstellen der Zahlungsreihe mit den erwarteten Zahlungen. Diese entspricht nicht
der mit der Anleihe verbrieften Zahlungsreihe, da noch die Ausfallwahrscheinlichkeit,
Recovery Rate und andere Anleihekonditionen (z.B. Stepup-Klauseln) hierbei be-
rücksichtigt werden müssen.
2. Berechnen der mit der Zahlungsreihe verbundenen effektiven Verzinsung. Diese
entspricht dem internen Zinsfuß der Zahlungsreihe, der definiert ist als der Kalkulati-
onszins, bei dem der Kapitalwert der Zahlungsreihe den Wert 0 annimmt.
3. Ermittlung des relevanten sicheren Zinses. Da die Risikoprämie als Differenz der Er-
wartungswerte definiert ist, muss auch der adäquate sichere Zins bestimmt werden.
4. Berechnung der Risikoprämie: Risikoprämie = Effektivverzinsung - sicherer Zins

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2c)
Aus der Veranstaltung ist die folgende Vorgehensweise bekannt:
21.08.2003 21.08.2004 21.08.2005 21.08.2006 21.08.2007 21.08.2008
verbriefte Zahlungen
-75,000
0,000
0,000
0,000
0,000
100,000
Tage zum 18.6.2003
360
720
1080
1440
1800
Ausfallwahrsch.
0,00%
0,00%
0,00%
0,00%
0,00%
1,00%
erwartete Zahlungen
-75
0
0
0
0
99,3
Barwert der Zahlung
-75,00
0,00
0,00
0,00
0,00
75,00
Kapitalwert
0,00
Effektivzins:
5,774%
Recoveryrate:
30%
Berechnung des synthetischen Bonds (mit exakter Laufzeit):
sicherer Zins:
2,9
Berechnung der Risikoprämie:
2,874%
Die Berechnung per Hand ist aber auch einfach möglich:
Es muss unter Berücksichtigung der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Recoveryrate gelten:
( )
3,
99
x
1
75
5
+
Diese Gleichung lässt sich nun wie folgt nach x auflösen. x ist dabei die Effektivverzinsung:
( )
%
77
,5
x
0577
,1
q
324
,1
q
)x
1(
q
mit
3,
99
q
75
5
5
=
=
=
+
=
=
Abzüglich des sicheren Zinses von 2,9% ergibt sich somit eine Risikoprämie von 2,87%.
3)
Das Residual-Income-Model (RIM) ist ein kapitalwertorientiertes Verfahren zur Bewertung
von Unternehmensanteilen. Die Idee dabei ist es, den zu diskontierenden Cashflow aus der
Eigenkapitalrendite des bilanziellen Eigenkapitals eines Unternehmens zu ermitteln.
Wie bei allen kapitalwertorientierten Verfahren, müssen zur Anwendung dieses Verfahrens
Prognosen über die zukünftige Entwicklung (hier: der Eigenkapitalrenditen) getroffen wer-
den. Da dies für weiter in der Zukunft liegende Zeitpunkte entsprechend schwieriger ist,
kann ein Drei-Phasen-Modell zur besseren Orientierung zu Hilfe gezogen werden. Dieses
nutzt in der ersten Phase konkrete Prognosen der zu schätzenden Größe und geht in der
dritten Phase von einem konstanten Wert aus. In der dazwischen liegenden Konvergenz-
phase, werden die beiden Phasen (z.B. linear) ineinander überführt.

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Phase I
Phase II
Phase III
Im Rahmen des RIM würden in der ersten Phase die Prognosen der Eigenkapitalrendite aus
Analystenschätzungen bezogen werden, indem die prognostizierten Gewinne pro Aktie
durch den Buchwert des Eigenkapitals dividiert wird. Diese Länge der ersten Phase sollte je
nach der Qualität der Analystenprognosen gewählt werden.
In der dritten Phase soll von einem „reifen“ Geschäftsmodell ausgegangen werden, welches
Eigenkapitalrenditen im Rahmen des allgemeinen Marktdurchschnittes erzielt.
In der dazwischen liegenden 2. Phase werden die beiden Phasen angepasst, z.B. linear.
Mit Hilfe einer solchen Modellierung der Eigenkapitalrenditen können die Cashflows berech-
net werden und gemäß dem RIM entsprechend diskontiert zu einem „fundamental gerecht-
fertigten“ transformiert werden.
4)
Die Abbildung karikiert die Problematik der Interessenskonflikte von Finanzanalysten (ge-
nauer hier: Sellside-Analysten): ein Bankkunde empört sich über die Empfehlung seiner
Hausbank, die Aktien seines Unternehmens zu verkaufen.
Eigentlich sollte erwartet werden, dass Finanzanalysten als Informationsintermediäre des
Kapitalmarkts nach besten Informationen ihre Handlungsempfehlungen geben. Da Sellside-
Analysten aber keinen eigenen Cashflow für die Bank erwirtschaften (sie geben ihre Emp-
fehlungen ja kostenlos ab), muss diese teure Dienstleistung von anderen Abteilungen der
Bank querfinanziert werden. Hierin liegt ein potentieller Interessenskonflikt verborgen, da
Sellside-Analysten dem Anreiz ausgesetzt sein könnten, solche Prognosen und Handlungs-
empfehlungen zu geben, die der Bank über Provisionen und Gebühren nutzen. Sog. „chine-
se walls“ sollen dabei helfen, solche Anreizprobleme zu vermeiden, indem die Researchab-
teilungen strikt von den anderen Abteilungen einer Bank getrennt werden – wie die Abbil-
dung aber zeigt, scheint dies in der Vergangenheit (2001) nicht immer funktioniert zu haben.
Die „Megabank“ stand also vor der Wahl, entweder die Aktien des Unternehmens weiter zu
empfehlen, um hier aus einer späteren Kapitalerhöhung gegen Aktien im Investment Ban-
king – Bereich profitieren zu können, oder die Aktie zum Verkaufen zu Empfehlen und so
zumindest an den Brokergebühren des damit induzierten Handelsvolumens zu verdienen.
Im obigen Fall hat sich die Bank für Letzteres entschieden.

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5)
Da nur sechs Studenten des Wirtschaftlichen Zusatzstudiums sich zu dieser Klausur ange-
meldet haben, wird hier keine ausführliche Musterlösung zur Verfügung gestellt.
Thema der Aufgabe sind die nach Abb 7-2 als reine Finanzierungsstrategien aufgeführten
Handlungsoptionen. Dabei sollte auch die Risiko- bzw. Rentabilitätsorientierung in der Be-
antwortung der Aufgabe genannt werden. Die „Strategien“ im Einzelnen:
• Factoring (mit und ohne Risikoübertragung)
• ABS
• Operating Leasing
• Finance Leasing
• Kapitalbedarfsminimierung (Cash Flow Management)