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Diplomprüfung im Fach BWL IV Frühjahr 2002
Page 1
1
Diplomprüfung im Fach BWL IV
Frühjahr 2002
Studiengang: Wirtschaftswissenschaftliches Zusatzstudium
Prof. Dr. Rüdiger von Nitzsch
Name: ________________________________________
Matr. Nr.: ___________
Die folgenden Prüfungsteile sind obligatorisch zu bearbeiten. Das jeweils angegebene
Minutenkontingent entspricht einem für die Bewertung maßgeblichen Punktekontingent. Es
sind nur Taschenrechner erlaubt, die nicht programmierbar sind und keinen Textspeicher
haben.
Aufgaben zur Entscheidungslehre
Aufgabe 1
(20 Minuten)
Die beiliegenden Zeitungsartikel erschienen am 13.11.2001 im Handelsblatt. Erklären Sie die
Kursverluste vor dem Hintergrund der in der Vorlesung besprochenen psychologischen Er-
kenntnisse.
Aufgabe 2
(1 + 24 = 25 Minuten)
a) Aus welchen Komponenten besteht ein Entscheidungsproblem?
b) Wo und warum besteht bei der Ermittlung der einzelnen Komponenten für den
menschlichen Entscheider die Gefahr, Verzerrungen zu unterliegen? Welche Mög-
lichkeiten kennen Sie, um diese Verzerrungen zu vermeiden?
Aufgaben zur Investitionslehre
Aufgabe 3
(20 Minuten)
Wie ermittelt man die jeweiligen optimalen Nutzungsdauern bei dreimaliger Durchführung
des selben Projektes? Geben Sie in Ihrer Antwort die benötigten Formeln an.
Aufgabe 4
(10 + 15 = 25 Minuten)
a) Was wird unter einer Sensitivitätsanalyse verstanden, welche Arten gibt es, und wann
bietet sich ihr Einsatz im Rahmen von Investitionsentscheidungen an?
b) Einem Investor werden folgende Investitionsprojekte vorgeschlagen:

Page 2
2
Investition 1:
t
1
2
3
4
z
t
-3000
z
1
2000
2500
Investition 2:
t
1
2
3
4
z
t
-500
1000
1500
z
3
Die Zahlungen z
1
und z
3
sind nicht bekannt.
Der Investor möchte wissen, ob Investition 1 vorteilhafter als Investition 2 ist. Dazu bittet er
Sie, eine Sensitivitätsanalyse durchzuführen.
Wie lautet Ihre Antwort, wenn der Kalkulationszins 10% beträgt?
Skizzieren Sie dazu in einem z
1
-z
3
-Diagramm den Bereich, in dem Investition 1 vorteilhafter
als Investition 2 ist.
Rechnen Sie mit einer Genauigkeit von 3 Nachkommastellen.
Viel Erfolg!

Page 3
Musterlösung zur Diplomprüfung im Fach BWL IV, Frühjahr 2002
Aufgabe 1:
Am 12.11. 2001 stürzte ein Passagierflugzeug in den Stadtteil Queens in New York,
fast auf den Tag genau 2 Monate nach den Attentaten auf das World Trade Center
und das Pentagon.
Dies führte zu enormen Kursverlusten an den internationalen Kapitalmärkten.
Begründungen für diese Kursverluste liegen in folgenden psychologischen Effekten:
Sicherlich erfüllt der Flugzeugabsturz vom 12.11.2001 alle Voraussetzungen, um in
den Köpfen der Anleger verfügbar zu sein. Er war anschaulich, auffällig, einen Tag
später auch hochgradig aktuell und wurde mit erhöhter Frequenz von allen Leuten
noch am selben Tag diskutiert. Dennoch haben andere Flugzeugabstürze nicht zu
solchen Kurseinbrüchen geführt.
Die Kursverluste sind nur vor dem Hintergrund der Attentate auf das WTC und das
Pentagon zu erklären.
Die Attentate vom 11.9.2001 waren zu diesem Zeitpunkt noch sehr verfügbar für alle
Teilnehmer an den Kapitalmärkten: Selten zuvor gab es Ereignisse, die dermaßen
anschaulich und auffällig waren, die Ereignisse waren noch immer hochaktuell und
wurden in den Medien mit geradezu erstickender Frequenz wiederholt, so dass alle
Determinanten einer hohen Verfügbarkeit gegeben sind.
Aufgrund dieser hohen Verfügbarkeit der Ereignisse vom 11. September kam in
vielen Köpfen die Repräsentativitätsheuristik zum Tragen, indem das Schema
aufgerufen wurde, es handelt sich bei dem Absturz vom 12.11.2001 schon wieder um
ein Attentat.
Es wurde praktisch von einer Korrelation ausgegangen, die ungefähr besagt, dass
Abstürze von Passagierflugzeugen in New York eng mit Attentaten von
internationalen Terroristen zusammenhängen.
Die Attentate vom 11.September wirkten faktisch als Prime bei der Bewertung der
Informationen am 12.11.2001.
Der Priming-Effekt besagt, dass vorher aufgenommene Informationen die Bewertung
von nachfolgenden Informationen beeinflusst. Genau das ist hier passiert: Der
erneute Flugzeugabsturz wurde direkt als neuerliches Attentat interpretiert.
Diese Fehlinterpretation des Unglücks (denn darum handelte es sich in Wirklichkeit)
führte zu großer Angst in den Köpfen der Kapitalmarktteilnehmer und zu
Kontrollverlust, was sich anfangs in richtigen Panikverkäufen ausdrückte.
Bei den Kursstürzen handelte es sich hauptsächlich um psychologisch begründete
Überreaktionen, was sich auch darin zeigt, dass bis zum Ende des Handelstages ein
großer Teil der Kursverluste wieder wett gemacht wurden. Daran kann man sehen,
dass dem erhöhten Angebot an Aktien langsam auch wieder eine ausreichende
Nachfrage gegenüberstand.
Es gibt auch rationale Begründungen für die längerfristigen Kursverluste. Diese
wurden hauptsächlich bei Fluglinien und Tourismusunternehmen verzeichnet, da die
Anleger davon ausgingen, dass der erneute Absturz zu einem weiteren Rückgang
der Nachfrage nach (Flug-) Reisen führen würde und somit die Aussichten der
betroffenen Unternehmen als schlechter eingeschätzt wurden.
Aufgabe 2:
a)
Komponenten eines Entscheidungsproblems:

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Was will ich (Ziele)
Was kann ich tun (Handlungsalternativen)
Was kann passieren (Mögliche Umweltzustände)
b)
Möglichkeiten von Verzerrungen bei Zielen:
Menschen glauben keine Probleme bei der Angabe ihrer Ziele zu haben. Dabei
nennen sie jedoch häufig Aspekte, die im Grunde genommen keine „wirklichen Ziele“
darstellen, sondern für sich genommen ohne Bedeutung, bzw. Wert sind. Diese
Instrumentalziele werden nur deshalb angeführt, weil sie sich auf ein anderes
(wirkliches) Ziel förderlich auswirken. Unterscheiden Personen nicht strikt zwischen
Fundamental- und Instrumentalzielen, kann es zu Verzerrungen kommen, da nur
Fundamentalziele relevant sind.
Neben der Fundamentalität müssen zusätzliche Anforderungen an das Zielsystem
gestellt werden: Das Zielsystem muss
vollständig
sein, also alle
bewertungsrelevanten Aspekte berücksichtigen. Weiterhin muss es redundanzfrei
sein, d.h. inhaltliche Teilaspekte dürfen nicht in mehreren Zielen gleichzeitig
berücksichtigt werden. Außerdem müssen Ziele präferenzunabhängig formuliert
werden, d.h. die Bewertung einer Alternative in einem Ziel darf nicht von der
Bewertung der Alternative in einem anderen Ziel abhängig sein.
Welche Möglichkeiten zur Vermeidung bestehen?
Fundamentalität
o In einem ersten Schritt sollten durch den Einsatz von
Kreativitätstechniken alle für eine Bewertung relevanten Ziele
(Fundamentalität spielt keine Rolle!) ermittelt werden.
o In einem zweiten Schritt sollte diese Zielmenge strukturiert werden (z.B.
durch ein Einflussdiagramm). Durch Hinterfragung der Fundamentalität
können abstraktere, fundamentale Ziele gefunden werden.
Vollständigkeit
o Aufstellen eines Einflussdiagramms, einer Zielhierarchie, Einsatz von
Kreativitätstechniken.
Redundanzfreiheit
o kann vermieden werden durch fundamentale Formulierung der Ziele.
Präferenzunabhängigkeit
o kann vermieden werden durch fundamentale Formulierung der Ziele.
Möglichkeiten von Verzerrungen bei Alternativen:
Manchmal befinden sich Menschen in Entscheidungssituationen, in denen sie
aufgrund der hohen Informationsdichte nicht aller Handlungsmöglichkeiten auf
Optimalität überprüfen können. Auf der anderen Seite sehen Menschen teilweise
nicht alle möglichen Alternativen.
Welche Möglichkeiten zur Vermeidung bestehen?
In ersten Fall kann durch Dominanzüberprüfung die Menge der zu bewertenden
Alternativen stark verringert werden. Im zweiten Fall sollten Kreativitätstechniken
angewandt werden, um die Alternativenmenge zu erhöhen.
Möglichkeiten von Verzerrungen bei Prognose von möglichen Umweltzuständen:
Bewertung von Sunk-Cost Projekten
Zu positive Prognosen für das Projekt, in das der Entscheider bereits investiert
hat.

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Inside view“ des Entscheiders
Starke Projektinvolvierung führt zu optimistischen Prognosen.
Überreaktion des Entscheiders
Auf verfügbare Ereignisse wird überreagiert.
Welche Möglichkeiten zur Vermeidung bestehen?
Pauschale Korrektur der Verzerrungen
Bewusst konservative Einschätzung der Einflussfaktoren kann optimistischen
Verzerrungen entgegenwirken.
Befragung Unbeteiligter
Da die benannten Verzerrungen an die Person des Entscheiders geknüpft
sind kann das Hinzuziehen Unbeteiligter (kein commitment, inside view) die
Prognosequalität verbessern.
Kalibrierung der Prognosen
Bei häufiger Vorhersage derselben Unbekannten können Prognosefehler der
Vergangenheit benutzt werden, um aktuellen Prognosen zu verbessern.
Aufgabe 3:
Bei dem in der Aufgabe formulierten Sachverhalt handelt es sich um ein Projekt mit
zwei Folgeprojekten. Dieses Problem ist wie folgt lösbar. Man beginnt mit der dritten
Durchführung und berechnet zunächst die optimale Laufzeit ohne Folgeprojekt. Man
sollte dieses Projekt so lange durchführen, wie seine Grenzeinnahmen g
t
positiv sind
(evtl. müssen lokale Optima berücksichtigt werden). Die durch Verlängerung um ein
Jahr entstehende Grenzeinnahme setzt sich zusammen aus der Zahlung z
t
, der
Minderung des Liquidationserlöses und der entgangenen Verzinsung auf den
Liquidationserlöses
des
Vorjahres:
C
t
(I
t
-I
t-1
) = z
t
– (L
t-1
-L
t
)-iL
t-1
Anschließend wird die zweite Durchführung betrachtet und die optimale Laufzeit mit
Folgeprojekt ermittelt. Dieses wird solange durchgeführt, wie die Grenzeinnahme des
laufenden Projektes mindestens so hoch ist, dass sie den Zinsentgang auf den
Kapitalwert des Folgeprojektes wettmacht. Angenommen der Kapitalwert des
Folgeprojektes ändere sich nicht ergibt sich als Kriterium:
C
t
(I
t
-I
t-1
) = g
t
-iC
Schließlich kann die optimale Laufzeit der ersten Durchführung ermittelt werden,
indem man eine Zahlungsreihe aufstellt, in der die zweite und dritte Durchführung
zusammengefasst sind, so dass nur noch ein Folgeprojekt berücksichtigt werden
muss. Hier ergibt sich als Kriterium für die optimale Laufzeit oben angegebene
Formel.
Aufgabe 4:
a)
Sensitivitätsanalysen sind eine einfache Form der Berücksichtigung von Unsicherheit
in der Bewertung von Investitionen. Im Ergebnis liefern sie keine eindeutigen
Handlungsempfehlungen, geben dem Entscheider aber Informationen zur
Abschätzung der unsicheren Größen. Kann ein Investor beispielsweise subjektiv
einschätzen, dass eine Variable ein bestimmtes Intervall nicht verlässt, dann können
Sensitivitätsanalysen wertvolle Hilfsmittel bei der Beurteilung von Investitionen sein.
Sensitivitätsanalysen sind einfach zu handhaben, wenn nur wenige unsichere
Einflussfaktoren die Vorteilhaftigkeit einer Investition beeinflussen. Bei einer
Variablen kann bei der grafischen Umsetzung einer Sensitivitätsanalyse noch
abgelesen werden, wie groß der Unterschied in der absoluten Vorteilhaftigkeit der

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Alternative ist. Bei zwei Unbekannten kann nur eine relative Vorteilhaftigkeit
abgebildet werden (vgl. Aufgabenteil b). Bei mehr als zwei unsicheren Größen ist
eine grafische Umsetzung nur noch sehr schlecht möglich.
b)
Ziel der Aufgabe ist eine Sensitivitätsanalyse mit zwei Unbekannten, den Zahlungen
z
1
der Investition 1 und z
3
der Investition 2. Zur Überprüfung, wann Investition 1
vorteilhafter ist als Investition 2 müssen die beiden Investitionen durch ihren Kapital-
oder Endwert ausgedrückt und gleichgesetzt werden. Ergebnis ist eine
Geradengleichung der Form z
1
= y+mz
3
. Im Folgenden soll dies mit Hilfe der
Berechnung der Kapitalwerte verdeutlicht werden:
Investition 1 ist bei einem Kalkulationszins von 10% vorteilhafter als Investition 2,
wenn gilt:
3
1
3
3
1
3
3
1
3
3
1
3
3
2
3
2
1
02
01
z
826
,0
338
,
1229
z
1,1
1,1
z
58
,
1117
z
1,
1
z
76
,
1648
1,1
z
18
,
531
1,1
z
669
,
1239
091
,
909
500
287
,
1878
893
,
1652
1,1
z
3000
1,
1
z
1,1
1500
1,1
1000
500
1,1
2500
1,1
2000
1,1
z
3000
C
C
+
>
+
>
+
>
+
+
+
+
>
+
+
+
+
+
+
>
+
+
+
>
Skizze (Gerade Ermitteln von 2 Stützstellen):
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
1100
1200
1300
1400
1500
1600
1700
1800
1900
2000
z
3
z
1
1229,338
Investition 1
Investition 2